Lithium-Ionen-Akkus spielen bei aktuellen Elektromobilitätskonzepten eine zentrale Rolle. Sie bestimmen die Reichweite und damit die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen durch die Verbraucher maßgeblich. Immer mehr Hersteller setzen daher in der Entwicklung und Produktion von Fahrzeugen die leistungsfähigen Batterietest- und Simulationsplattformen von Gustav Klein ein. Jetzt hat das Unternehmen das Engineering, die Wartung und die Anwendung der Systeme durch die Einführung modernster B&R-Technik nochmals deutlich vereinfacht.
Der Druck auf die Fahrzeugbauer wächst. Bis 2020 sollen eine Million Elektrofahrzeuge auf den Straßen in Deutschland unterwegs sein. Am 1. Januar 2017 waren es gerade einmal 34.022 Elektroautos. Dieselskandal, drohende Fahrverbote in deutschen Großstädten und Zulassungsbeschränkungen für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren in Ländern wie China zwingen die Hersteller, deutlich aktiver zu werden.
„Das geht jetzt richtig los“, bestätigt Bernhard Rill, Vertriebs- und Marketingleiter bei der Gustav Klein GmbH & Co. KG. Diese Einschätzung kann er mit dem gerade in den letzten Jahren rapide gestiegenen Interesse der Fahrzeughersteller an den Test- und Simulationssystemen seines Unternehmens untermauern. Die von Gustav Klein als Infeed-Test-Systems bezeichneten Anlagen verwenden Entwickler zum Beispiel dafür, das Verhalten des Bordnetzes und der angeschlossenen Aktoren bei klar definierten und wiederholbaren Stromversorgungsbedingungen detailliert zu testen. „Eine reale Batterie eignet sich dafür wegen des sich laufend ändernden Ladezustands nicht“, erklärt Rill. Ein weiteres Einsatzgebiet der Infeed-Test-Systeme ist der Komponententest in der Batterie- und Fahrzeugproduktion sowie in der Elektrofahrzeugentwicklung zur Identifizierung der optimalen Energiequelle.
Das geht mit den programmierbaren Testsystemen von Gustav Klein besonders einfach, da sie als Multikanalvarianten mit internem DC-Bus erhältlich sind, die sich beliebig kombinieren lassen. Damit ist es unter anderem möglich, einen Akku auf einem Kanal für Prüfzwecke kontrolliert zu entladen und die freigesetzte Energie direkt für das Laden eines am zweiten Kanal angeschlossenen Akkus zu nutzen. Das vereinfacht die Durchführung von Ladezyklen und entlastet gleichzeitig das Versorgungsnetz. „Damit Anwender das Verhalten einer Batterie sehr exakt nachbilden können, sind sehr kurze Anstiegszeiten gefragt“, sagt Rill. „Unsere Systeme schaffen hier beispielsweise den Sprung von -900 A auf +900 in nur 1,2 ms und zwar ohne Unterbrechung beim Übergang von der Leistungsaufnahme zur Abgabe.“ Die aktuellen Systeme können pro Kanal Ausgangsspannungen bis 1.000 V beziehungsweise Ausgansströme bis zu 1.000 A bereitstellen (bis 500 kW Netzleistung pro Gerät).
Produktvielfalt erfordert Strategiewechsel
Erste Bestellungen für Batteriesimulations- und Testsysteme gingen bei Gustav Klein schon vor 15 Jahren ein. Heute stehen die Produkte aus Schongau weltweit bei fast allen Fahrzeugherstellern in den Entwicklungsabteilungen und in der Fertigung. Doch mit wachsender Verbreitung stiegen auch die Anforderungen an das System, wie der Entwicklungsleiter von Gustav Klein, Jörg Umbreit, sagt: „Die Infeed-Test-Systems werden von unseren Anwendern in sehr unterschiedlichen Umgebungen und Varianten betrieben. Entsprechend müssen wir eine immer größere Anzahl an Schnittstellen unterstützen und eine hohe Variantenvielfalt bewältigen.“
Dabei muss die Steuerungstechnik hohen Anforderungen genügen. So muss die Regelung im Mikrosekundenbereich arbeiten, damit die gewünschten extrem kurzen Anstiegszeiten erreicht werden können. Gleichzeitig müssen die Kanäle für den Parallelbetrieb absolut synchron angesteuert werden. „Kompliziert wird die Aufgabe zusätzlich dadurch, dass dabei auch noch größere Datenmengen übertragen werden müssen“, ergänzt Umbreit.
In einer ersten Evaluierungsphase durchleuchteten die Verantwortlichen fünf renommierte Steuerungsanbieter, von denen sich B&R am Ende durchsetzte. „Uns hat das Gesamtpaket überzeugt“, erklärt Umbreit. „Die Leistungsfähigkeit und Flexibilität des Systems, dessen durchgängige Programmierung sowie die Qualität des Supports sind besonders hervorzuheben. Und auch das Miteinander stimmte von Anfang an.“
Flexible Steuerungsarchitektur
2014 starteten die Ingenieure von Gustav Klein mit der Entwicklung der neuen Steuerungsarchitektur für die aktuelle Generation 3.0 des Infeed-Test-Systems. Als Steuerungsplattform hat Gustav Klein eine Hutschienen-CPU aus dem X20-System gewählt. „Wir kommen hier mit einer X20-Steuerung mit vergleichsweise geringer Speicherausstattung aus“, sagt Umbreit. „Bei steigenden Anforderungen können wir dank der Skalierbarkeit der B&R-Lösung jederzeit zu einer noch leistungsfähigeren CPU wechseln, ohne die Software aufwändig anpassen zu müssen.“
Auch bei den Schnittstellen kann Gustav Klein mit der neuen Architektur noch schneller auf die individuellen Anforderungen der Anwender reagieren, da an die CPU problemlos entsprechende Schnittstellenmodule aus dem umfangreichen Lieferprogramm des X20-Systems angereiht werden können.
Die Bedienung des Systems erfolgt über ein abgesetztes Terminal-Display vom Typ Power Panel T30. „Da die Visualisierungsanwendung jedoch mit auf der Hutschienen-CPU läuft, können wir das System bei Bedarf auch ohne Display ausliefern“, sagt Rill. „Damit liegen wir voll im Trend. Schließlich steuern immer mehr Anwender ihre Anlagen via Fernzugriff.“ Die Bedienoberflächen sind dabei identisch und müssen nur einmal programmiert werden.
Ein Softwareprojekt, eine Engineering-Umgebung
„Einer der absoluten Highlights des B&R-Lösung ist zweifelsohne, dass wir sowohl die Visualisierung, als auch die Software für die Steuerung in der gleichen Engineering-Umgebung erstellen können.“ Da dies auch die integrierte Sicherheitstechnik einschließt, entschlossen sich die Verantwortlichen kurzerhand auch noch dafür, die bis dato erforderlichen separaten Sicherheitsgeräte durch die integrierte X20-Sicherheitstechnik von B&R zu ersetzen. Damit vereinfacht sich das Engineering für Gustav Klein noch einmal erheblich.
Auch in puncto Variantenvielfalt und Wartung hat der Spezialist mit dem Wechsel zur B&R-Technik spürbare Verbesserungen erzielt. Jetzt bildet das Unternehmen das Testsystem mit allen Optionen und Weiterentwicklungen in einem einzigen Softwareprojekt ab. „Was nicht installiert ist, wird einfach in der Software deaktiviert“, erläutert Umbreit. „Damit müssen wir die Software pro Release nur noch einmal testen und pflegen.“
Da auch die Anwender die neue Mensch-Maschine-Schnittstelle und Steuerungstechnik sehr positiv aufgenommen haben, plant Gustav Klein auch die Übertragung der Visualisierungslösung auf seine größte Produktgruppe, die Stromversorgungssysteme, zu denen USV-Anlagen und Netzwechselrichter gehören.
Bernhard Rill Vertriebs- und Marketingleiter, Gustav Klein GmbH & Co. KG „Die Zusammenarbeit mit B&R ist immer konstruktiv, auch dann, wenn wir mit komplexen Fragen oder Vorschlägen auf unsere Ansprechpartner zugegangen sind. Aufgrund der B&R-Technik haben wir jetzt eine durchgängige, flexible und skalierbare Automatisierungslösung. Der Aufwand für die Integration der Sicherheits- und Steuerungsfunktionen sowie der Visualisierung hat sich dadurch für uns deutlich verringert.“ |