Wie kann die Ungewissheit beseitigt werden, die im Zusammenhang mit einem abstrakten Konzept wie Industrie 4.0 oftmals vorherrscht, um die Vorteile für einen Betrieb sichtbar zu machen? Vor dieser Herausforderung standen die Robotikexperten bei WEMO Automation. Zusammen mit B&R zeigen sie, wie komplexe Technologie und ultimative Anwenderfreundlichkeit eine transparente Konnektivität hervorbringen kann.
Ein Besucher aus Spanien steht auf einem kleinen Hügel nahe des Firmensitzes von WEMO Automation in der südschwedischen Provinz Småland. Sein Blick streift über das Feld zu den dahinter liegenden Seen und den ausgedehnten Wäldern – scherzhaft sagt er: “Jetzt verstehe ich, wieso ihr so benutzerfreundliche Software programmiert: Hier gibt es nichts, was euch ablenken könnte!” Tatsächlich liegt WEMO weitab vom urbanen Stockholm, außerhalb der Ortschaft Värnamo gelegen –einer Wirtschaftsregion, die seit langer Zeit für beeindruckende unternehmerische Leistungen und Innovationen bekannt ist.
Vor rund 15 Jahren wurden diese Stärken auf den Prüfstein gelegt. WEMO verbrachte 10 Jahre damit, die Mechanik seiner Robotiklösungen weiterzuentwickeln. Dann musste das Unternehmen feststellen, dass die steigenden Produktivitätsanforderungen einen stärkeren Fokus auf den Bereich digitale Produktionssteuerung erfordern würden. Also richtete WEMO seine Aufmerksamkeit verstärkt auf Themenbereiche, die später unter das Konzept von Industrie 4.0 fallen sollten. “Wir hielten Industrie 4.0 nie für eine Modeerscheinung oder eine hohle Phrase”, erklärt Olof Ståhl, einer von 3 Brüdern, die das Unternehmen gemeinsam führen. “Wir verstanden es als Fortsetzung dessen, was wir bereits als ‘intelligente Automation’ bezeichneten.”
Um ihr Ziel zu erreichen, Anlagen intelligenter und kommunikativer zu gestalten, vertrauen Wemos Gründer Sven, Bengt und Olof Ståhl auf B&R. (Quelle: WEMO)
Intelligente Technik sorgt für Transparenz
Einige Kunden von WEMO hatten Bedenken hinsichtlich der Umsetzbarkeit derart abstrakter Konzepte in der Praxis – und bezüglich der Wirtschaftlichkeit und Produktivitätsvorteile, die sie bieten würden. Deshalb musste eine neue Sicht der Dinge entwickelt werden.
“Es geht nicht darum, ganze Fabrikgelände für ungewisse zukünftige Anwendungen zu verkabeln”, so Ståhl, “sondern um den Einsatz komplexer Technologie, um alles einfacher und schneller zu machen und so für mehr Transparenz zu sorgen.” Um intelligentere und für die Kommunikation besser geeignete Fertigungsanlagen herzustellen, musste mit dem Sammeln von Daten begonnen werden. Da diese bereits in unterschiedlichen Peripheriesystemen verwaltet werden, müssen diese in einem zentralen Steuerungssystem zusammengeführt werden.
Die Voraussetzung für eine gute Partnerschaft
Ståhl weist darauf hin, dass engere Partnerschaften mit Kunden und Zulieferern von zentraler Bedeutung sind, um Effizienz und Produktivität auf dem Niveau von Industrie 4.0 zu erreichen. “Die Produktion wurde von Robotermechanik zur Roboterkommunikation umgestellt. Dabei legten wir einen verstärkten Fokus auf die Software, wobei Konnektivität und Partnerschaft im Vordergrund unserer technologischen Entwicklung standen“, sagt Ståhl.
2002 hatte WEMO mit B&R den Zulieferer ausgewählt, der die besten Controller, I/O-Systeme und Feldbuslösungen für seine Robotiksysteme bereitstellen konnte. Obwohl es bis zum Start des Projekts Industrie 4.0 in Deutschland noch 10 Jahre dauern sollte, arbeiteten WEMO und B&R bereits an Lösungen für intelligente Robotik und integrierte Systeme. “B&R war sehr aufgeschlossen gegenüber dieser Technologie, die für uns die Zukunft darstellte”, so Ståhl. “B&R hörte uns zu und ging auf uns ein. Das war für uns entscheidend.”
B&R hatte nicht nur dieselbe Vision wie WEMO, sondern bot darüber hinaus ein besonders attraktives Konzept mit einem modularen Design an, das eine schrittweise Erweiterung von Systemen ermöglicht. Mittlerweile setzt WEMO vollständig auf B&R-Technologie, mit Kommunikation auf der Grundlage von POWERLINK und openSAFETY, Bewegungssteuerung unter Verwendung der erweiterten Servotechnik ACOPOS P3 sowie Mobile Panels für Bedienersteuerungsgeräte. Einen weiteren Vorteil stellte die starke globale Präsenz von B&R dar, da WEMO zu diesem Zeitpunkt begann, sein Exportgeschäft auszubauen.
Integrierte Kommunikation
Als B&R auf den Plan trat, tauschten die Industrieroboter von WEMO bereits Produktionsdaten über I/O-Systeme aus. Die Verknüpfung von Peripheriegeräten in einem gemeinsamen Datenstrom stellte jedoch weiterhin eine Herausforderung dar. Diese Aufgabe wurde mit 2 technologischen Konzepten gestartet: WIAP 4.0, kurz für WEMO Integrated Automated Systems, und WIPS, WEMO Intuitive Programming System, bei denen die Maschinenarchitektur auf Hardware und Software von B&R basiert.
2015 stand WEMO vor einer Herausforderung, die einen Meilenstein darstellte und dem Unternehmen sein gesamtes Industrie-4.0-Know-how abverlangte. Ein Kunde gab eine komplexe Produktionsinstallation in Auftrag, bei der eine Reihe von Maschinen in einem einzigen industriellen Informationsprozess miteinander verknüpft werden sollten. Die Anforderung bestand darin, eine Produktionszelle zu entwickeln, bei der sich die Produktionsbefehle aus dem ERP-System sowohl auf die Bewegungsabläufe mehrerer Roboter- als auch auf die mechanische Einrichtung auswirken. Dazu gehören etwa das Spritzgießverfahren, der Vibrationszulauf, die Fräsmaschine und eine Kameraeinheit.
Aufgrund der POWERLINK-Feldbuskommunikation konnte WEMO die gesamte Produktionszelle mit integrierter Kommunikation ausstatten, einschließlich des zentralen Elements: eines WEMO-Roboters. WEMO lieferte eine erhöhte Produktivität, eine intelligentere Fertigung und somit ein erfolgreiches Projekt ab. All dies basierte auf den Geräten und der Software von B&R, über die unterschiedliche Geräte in einem einzigen Informationskreislauf verbunden wurden. Aufgrund des Engagements von B&R in Bezug auf offene Kommunikation sind die verschiedenen Drittanbietergeräte in der Lage, miteinander zu interagieren, und lassen sich herstellerunabhängig überwachen.
Zu den Vorteilen in der Praxis gehören kürzere Richtzeiten, schnellere Umstellungen zwischen einzelnen Aufträgen und die sichere Einrichtung eines störungsfreien Betriebs. „Das Ziel war eine Verbindung von bereits in Betrieb befindlichen Systemen in einem gemeinsamen Datenstrom mit den bereits vorhandenen Daten”, sagt Ståhl. „Die Daten aus den verschiedenen Produktionseinheiten mussten lediglich integriert und nutzbar gemacht werden.”
Ein Blick in die Zukunft
In den 30 Jahren seit der Gründung des Unternehmen hat WEMO grundlegende Veränderungen durchlebt: neues Firmengelände, neuer technologischer Schwerpunkt, ein schwedisch-deutscher Unternehmenszusammenschluss und die Gründung einer Niederlassung in Indien. Darüber hinaus erfuhr das Unternehmen ein kontinuierliches organisches Wachstum in seinem schwedischen Werk, in dem jährlich mehrere hundert Roboter verkauft und versandt werden.
Worin bestehen die wesentlichen Herausforderungen in den kommenden Jahren? Nach Ansicht von Ståhl ist eine der Herausforderungen die Anpassung an einen Markt mit konstantem Preiswettbewerb. Für ihn bedeutet das, sich auf geschäftlicher Ebene niemals auf alte Technologien zu verlassen.
Die zweite Herausforderung wird von Ståhl als “Konnektivitätstransparenz” bezeichnet. Jetzt, wo Industrie 4.0 in aller Munde ist, möchte er zeigen, wie sich das Konzept auf rentable Weise in der Fabrikhalle umsetzen lässt und wie komplexe Technologie dazu eingesetzt werden kann, die zunehmende Automation anwenderfreundlicher zu machen. “Ich denke, wir haben in Zusammenarbeit mit B&R bewiesen, dass dies absolut möglich ist.”
Olof Ståhl, Geschäftsführer, Technisches Management, WEMO Automation
„B&R war sehr offen für das, was wir als die Zukunft der Technologie sehen. Sie haben uns zugehört und darauf reagiert, was entscheidend für uns war.”